Wurzeln&Flügel - Der Eltern-Podcast rund um die Grundschulzeit

Transkript

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00:00:00: Das wird natürlich schwierig.

00:00:01: Diese Herausforderung sehe ich ja auch mit meinen eigenen Schulkindern,

00:00:05: dass es immer dann dieser Konflikt ist,

00:00:08: zwischen Schulwissen, dass sie auch abgefragt werden.

00:00:12: Und wie viel Böde lasse ich meinen Kindern auf,

00:00:16: mit dieser neuen Sichtweise auch in den Unterricht reinzugehen.

00:00:20: Herzlich willkommen bei "Wurzeln und Flügel",

00:00:24: der Podcast für Eltern und Pädagoginnen

00:00:26: von Kindern in den Jahren fünf bis zehn.

00:00:29: Mein Name ist Kirin Doritz-Bacher,

00:00:31: ich bin Eltern, Familien und Paarberaterin,

00:00:34: traumasensibel, ein Bodyman-Coach, Ergotherapeutin

00:00:37: und Mutter von drei Kindern.

00:00:39: Mein Ziel ist es, dich darin zu bestärken,

00:00:42: diese spannende Zeit, die sogenannte Wackelzahnprobatet,

00:00:46: in vollen Zügen zu genießen.

00:00:48: Was tun bei Geschwisterstreiz?

00:00:50: Welche Schule passt zu unserem Kind und zu uns?

00:00:53: Was tun, wenn die Kommunikation mit Lehrkräften

00:00:56: schwer wird oder schwer ist?

00:00:58: Oder wie gehe ich eigentlich mit meinen eigenen Gefühlen,

00:01:01: meiner Wut und meinen Ängsten um?

00:01:03: Das sind Fragen, auf die du hier in Pulse findest.

00:01:06: Ich freue mich, dass du da bist.

00:01:08: Herzlich willkommen zu dieser neuen Podcastfolge

00:01:12: mit Kindern über Diskriminierung sprechen.

00:01:15: Heute habe ich Debucho, Nimin D. D. Dengar zu Besuch.

00:01:19: Sie ist Psychologin und Autorin,

00:01:21: schon von dem Bestseller gibt mir mal die Hautfarbe

00:01:24: und genau heute meine Gästin.

00:01:26: Ich freue mich sehr, dass sie da ist.

00:01:29: Ich freue mich sehr, dass ich meine Fragen auch stellen darf

00:01:32: und mit ihr über dieses Thema sprechen kann.

00:01:35: Denn ja, es ist unglaublich wichtig,

00:01:38: dass wir über Diskriminierung sprechen.

00:01:40: Wir diskriminieren alle.

00:01:42: Und gerade, wenn wir wollen,

00:01:44: dass wir in einer demokratischen Welt weiterleben,

00:01:47: ist das so so wichtig, dass wir da sensibel wären.

00:01:50: Und gleichzeitig so sehr ich, wie ich mich auf diese Podcastfolge freue,

00:01:54: bin ich auch aufgeregt und habe ein bisschen Schiss vor diesem Gespräch.

00:01:59: Denn ja, mir ist das Thema wichtig

00:02:02: und ich bin gleichzeitig ganz und gar nicht diskriminierungsfrei,

00:02:06: auch wenn ich es mir sehr wünschen würde.

00:02:09: Ich wäre da gerne perfekt

00:02:11: und wüsste gerne, dass ich ja mit meinen Worten, mit meinem Verhalten

00:02:15: niemanden krenke oder ja diskriminiere.

00:02:19: Da wäre ich gern. Da bin ich aber noch nicht.

00:02:22: Ja, ich wäre gern perfekt darin, doch ich mache Fehler.

00:02:25: Und wahrscheinlich werde ich auch in dieser Podcastfolge Fehler machen.

00:02:29: Doch ich möchte lernen.

00:02:31: Und ja, ein Kind von mir hat aus der Schule den Spruch mitgebracht,

00:02:34: wer keine Fehler macht, macht auch sonst nichts.

00:02:37: Und ich glaube, gerade in diesem Bereich ist es wichtig,

00:02:40: dass wir nicht vor lauter, wir wollen keine Fehler machen,

00:02:45: nicht weitergehen.

00:02:47: Aber wir sprechen gleich mit Debooschu darüber.

00:02:50: Also, um weniger zu diskriminieren, traue ich mich heute,

00:02:54: ja, vielleicht sogar zu diskriminieren.

00:02:57: Wenn du diese Folge bis zum Ende hörst,

00:02:59: dann weißt du, was genau Diskriminierung ist.

00:03:04: Warum Diskriminierung schwierig ist,

00:03:06: welche Formen von Diskriminierungs es gibt,

00:03:09: welche Bausteine wichtig sind,

00:03:11: dass wir unsere Kinder diskriminierungssensibel sozusagen aufwachsen lassen können

00:03:17: und warum, wir sprechen auch darüber, warum und woran erkennt.

00:03:20: Unsere Kinder tatsächlich auch schon diskriminieren.

00:03:23: Wenn du dieses Thema Diskriminierung auch so wichtig findest,

00:03:27: dann teile doch super gerne diesen Podcast,

00:03:29: das in mehreren Leute erreichen.

00:03:32: Und ich freue mich natürlich wie immer über eine fünf Sterne Bewertung.

00:03:35: Dann geht diese Podcastfolge auch noch mehr in die Welt nach draußen.

00:03:40: Liebe Debooschu, ich freue mich von Herzen, dass du heute hier bist

00:03:43: und ich bin auch etwas aufgeregt.

00:03:45: Denn ja, Diskriminierung, am liebsten wäre ich da perfekt.

00:03:50: Ich wüsste alles und würde niemand mit meinen Worten

00:03:52: oder meinen Handlungen verletzen.

00:03:54: Doch es ist eben nicht so.

00:03:56: Ich bin in einer diskriminierenden Gesellschaft groß geworden

00:03:59: und ich diskriminiere.

00:04:01: Doch ich möchte, dass sich da etwas in unsere Gesellschaft verändert

00:04:04: und daher beschäftige ich mich mit dem Thema.

00:04:08: Und ich möchte eben auch mit meinen Kindern darüber sprechen.

00:04:11: Denn meine Kinder werden ja noch mehr die Gesellschaft verändern,

00:04:15: wie ich es tun kann.

00:04:16: Daher freue ich mich so sehr, dass ihr beide das Buch geschrieben habt

00:04:21: und dass ich jetzt sogar hier aus erster Hand mit dir sprechen darf.

00:04:25: Euer Buch heißt "Mit Kindern über Diskriminierung sprechen".

00:04:28: Warum heißt es nicht "Kinder diskriminierungsfrei" erziehen?

00:04:32: Also erst mal danke, Kiran, für die Einladung.

00:04:35: Ich kann erst mal zurückgehen.

00:04:37: Ich bin auch aufgeregt,

00:04:38: weil das ist mein erstes offizielles Gespräch zu unserem neuen Buch.

00:04:44: Und zu deiner Frage, warum es nicht heißt "diskriminierungsfrei",

00:04:49: wir glauben, wir sind noch nicht so weit.

00:04:51: Und genauso wie du Fragen hast,

00:04:53: haben wir das Buch ja auch geschrieben, weil auch wir Fragen hatten

00:04:57: und uns mit ganz vielen Diskriminierungsformen auseinandergesetzt haben,

00:05:01: wo wir auch keine Experten sind,

00:05:03: darum ja auch Experten eingeladen haben, um mit uns darüber zu sprechen.

00:05:08: Und es ist auch, ich finde, total in Ordnung Fehler zu machen,

00:05:13: die Frage ist, wie gehen wir um,

00:05:15: wenn uns jemand darauf hinweist, dass wir einen Fehler getan haben.

00:05:20: Ja, genau.

00:05:22: Ich glaube, es ist ja auch eine schöne, also sehe ich genauso.

00:05:27: Und daher bin ich sozusagen auch ein bisschen mutig,

00:05:30: dieses Gespräch zu führen.

00:05:32: Also es bedeutet für mich ein bisschen Mut,

00:05:36: da eben diese Feder zu machen.

00:05:39: Und das ist, glaube ich, auch eine Botschaft, die ich gerne mitgeben möchte.

00:05:43: Also die ich aus eurem Buch absolut herausgelesen habe

00:05:46: und die ich auch in diesem Podcast mitgeben möchte,

00:05:50: dass wir nicht aus Angst Fehler zu machen,

00:05:54: ja dann oft noch mehr diskriminieren.

00:05:57: So, und auch für mich aus meinem pädagogischen Hintergrund

00:06:01: war das tatsächlich, als ich meine Ausbildung gemacht habe,

00:06:06: da hieß es immer noch genau "diskriminierungsfrei", irgendwie so.

00:06:09: Was für eine Utopie, aber dass das ja oft viel diskriminierender war

00:06:14: oder wir im Bereich über Behinderung gesprochen haben,

00:06:18: aber wir so sehr über die Menschen gesprochen haben

00:06:21: und gemeint haben, wir wissen, wie es geht

00:06:24: und wir machen es diskriminierungsfrei, weil wir die Fachpersonen sind.

00:06:28: Ja, und ich glaube, dass diese Idee von diskriminierungsfrei,

00:06:33: also euch als Fachpersonal, aber auch alle anderen Menschen

00:06:36: unter so großen Druck setzt, dass wir, wie du schon gesagt hast,

00:06:40: am Ende nichts tun und damit Betroffene auch ein Stück weit alleine lassen,

00:06:45: dass es dann ihre Aufgabe ist, sich dieser Themen anzunehmen.

00:06:49: Aber es braucht ja eine gesamte Gesellschaft.

00:06:52: Absolut, und meine Erfahrung dann aber auch gleichzeitig,

00:06:55: dass wenn uns jetzt sozusagen Menschen mit Behinderung drauf ansprechen

00:06:59: und sagen, wir wollen aber so angesprochen werden,

00:07:02: dass wir als Fachleute dann meinen, wir wissen es aber besser.

00:07:05: So und so, und also manchmal aus diesem Wissen sozusagen,

00:07:10: also vermeintlichen Wissen,

00:07:12: ja, dann wirklich noch mehr Diskriminierung eigentlich passiert.

00:07:19: Ja.

00:07:20: Noch mal einen Schritt zurück, ein bisschen,

00:07:22: was genau ist denn Diskriminierung

00:07:24: oder was meint ihr in eurem Buch mit,

00:07:27: genau, über Diskriminierung sprechen?

00:07:33: Also ich würde es total gerne unwissenschaftlich erklären,

00:07:38: vielleicht auch aus meiner eigenen Perspektive,

00:07:41: dass Menschen, die marginalisiert sind,

00:07:44: sei es aufgrund von Behinderung oder verschiedenen Rassismusformen,

00:07:49: ganz viele Erfahrungen machen, die ihnen,

00:07:51: auch wenn wir mal bei Kindern sind, Bauchschmerzen machen.

00:07:55: Oder ein Gefühl, hier stimmt etwas nicht,

00:07:58: ich gehör nicht richtig dazu.

00:08:00: Und Ziel ist es, diese Negativengefühle nicht auszulösen,

00:08:06: sondern dafür zu sorgen, dass jeder Mensch sich als Teil

00:08:10: dieser Gesellschaft fühlen darf,

00:08:12: auch als richtig so wie die Person ist.

00:08:15: Und ohne Bauchschmerzen, zum Beispiel in die Schule oder in die Kita geht.

00:08:20: Und mit all ihrem Sein und was sie mitbringen,

00:08:25: so bestehenden dürfen.

00:08:26: Also es geht, um sich wohl zu fühlen in einer Gesellschaft.

00:08:30: Auch mit allen Merkmalen, die wir mitbringen als Menschen.

00:08:34: Ja, total wertvoll.

00:08:36: Und was ich selber auch total viel lernen durfte,

00:08:39: und ich glaube so ein Lernprozess ist,

00:08:41: dass wir alles sozusagen,

00:08:43: dass unsere Gesellschaft diskriminiert ohne Ende.

00:08:46: Und dass ganz viel Diskriminierung normal ist,

00:08:52: sozusagen für unser Gefühl.

00:08:55: Genau.

00:08:57: Und also so normalisiert, ich finde es am Beispiel Behinderung,

00:09:02: wenn wir so eine Parallele ziehen, zum Beispiel,

00:09:05: wir finden das normal, dass wir auf einer Autobahn keine Treppen haben.

00:09:08: Dann könnte das Auto nicht fahren.

00:09:10: Aber wir achten in unserem Straßenbild gar nicht darauf,

00:09:14: welche Personen kann sich wo bewegen.

00:09:16: Es gibt eine Norm von Mensch, die laufen kann und Treppen gehen kann.

00:09:23: Und finden das normal.

00:09:24: Und empfinden ist ja auch ein bisschen als ...

00:09:27: "Ach, jetzt wollen die wieder irgendwas und wir müssen teuer umbauen."

00:09:31: Aber wenn ein Auto sich bewegen möchte,

00:09:34: es wird von Anfang an immer mitgedacht in der Stadtplanung.

00:09:38: Wo sollen denn die Autos parken und wie kommen die hier lang?

00:09:41: Und bei Menschen, die Teil unserer Gesellschaft sind,

00:09:45: tun wir das nicht.

00:09:46: Ja, total.

00:09:48: Da hatte ich auch neulich ein spannendes Gespräch.

00:09:50: Da ging das um das Klo-Planthard.

00:09:52: Ja, genau.

00:09:54: Und das ist ja auch sehr unterschiedlich.

00:09:56: Manche sagen, sie wollen das nicht, sie haben ihre Sprache.

00:09:59: Und da war dann auch sofort das Kommentar,

00:10:01: "Ja, aber für unseren Arbeitsmarkt können ja viel besser integriert werden,

00:10:05: wenn sie hören können."

00:10:07: Natürlich ist dieser Gedanke nachvollziehbar.

00:10:10: Das ist am Leichtes ...

00:10:12: Also, auf der einen Seite ...

00:10:15: dann nehmen halt alle die Implantate.

00:10:18: Aber das ist eben ...

00:10:19: Genau, das Auto ist nicht mitgedacht.

00:10:22: Das wäre dann so, wie wenn wir mit dem Auto sagen,

00:10:24: dass die Treppen steigen können.

00:10:27: So ungefähr.

00:10:28: Ja, und es ist eine Norm gesetzt.

00:10:31: Und ich finde ja immer spannend,

00:10:33: offen genug dafür zu sein, zu gucken,

00:10:36: warum ist diese Norm überhaupt da,

00:10:39: dass alle Menschen Lautsprache verstehen müssen?

00:10:42: Und warum ist nicht die Norm gesetzt,

00:10:45: dass alle Menschen das Recht haben,

00:10:47: Informationen zu bekommen,

00:10:49: egal ob es nur eine Lautsprache, ein Gebärdensprache

00:10:52: oder eine Schriftsprache funktioniert?

00:10:55: Ja.

00:10:56: Das ist ganz viel Neudenken.

00:10:58: Und ich habe mir inzwischen erlaubt,

00:11:01: auch erst mal drüber zu stolpern.

00:11:03: Also, mir sozusagen diesen Gedanken zu erlauben,

00:11:06: klar wäre es einfacher, wenn alle das Implantat nehmen.

00:11:10: Halt Stopp.

00:11:12: Warum so ein bisschen?

00:11:14: Und auch meine eigene Geschichte genau.

00:11:16: Ich hab ... mein Papa kommt aus Indien.

00:11:19: Ich bin in einem schwäbischen Dorf groß geworden.

00:11:22: Und ich hätte früher gedacht,

00:11:24: ich hab keinerlei Diskriminierung erfahren.

00:11:26: Aber in der Debatte ist so viele Dinge einfach normal.

00:11:30: Und ich hab es manchmal sogar als ...

00:11:33: Weißt du es ich, was Kompliment?

00:11:35: Woher kommst du, woher kommt dein Name?

00:11:38: Aber inzwischen bin ich feinfühlig und kann spüren,

00:11:41: wann ist echtes Interesse an mein Mensch,

00:11:44: bei mir als Mensch dran?

00:11:46: Und wann geht's um die Schubladen so ein bisschen?

00:11:51: Genau.

00:11:52: Ich glaube, das macht es auch so schwierig

00:11:56: und auch langwierig, Diskriminierung abzubauen.

00:11:59: Weil wir alle, also diejenigen, die von Diskriminierung betroffen sind,

00:12:04: sowohl als diejenigen, die sie ausführen,

00:12:07: die erst mal gar nicht identifizieren können.

00:12:10: Und das geht auch lange gut.

00:12:12: Es ist auch ein wichtiger Schutzmechanismus.

00:12:14: Man kann sich nicht zu viele Gedanken darüber zu machen,

00:12:17: sondern erst mal zu versuchen, in einer Gesellschaft zu überleben.

00:12:21: Aber ich glaube, dass das später Menschen doch auf die Füße fällt.

00:12:27: Also, dass ...

00:12:29: Ähm ...

00:12:31: dann ja Gedanken anfangen, wie ...

00:12:33: Das ist schon richtig, dass ich so behandelt werde.

00:12:36: Und mit mir stimmt irgendetwas.

00:12:38: Das ist so große Häuferstein.

00:12:40: Und im ersten Buch hat die auch irgendwie genau kein Kind,

00:12:44: kommt sozusagen rassistisch auf die Welt

00:12:48: mit rassistischen Gedanken.

00:12:49: Und gleichzeitig fand ich das total spannend in eurem Buch.

00:12:53: Auch dieses Studie, ich hab's eben meinem Mann gestern erzählt,

00:12:57: der hat sie nicht geglaubt, der hat auch die erste Reaktion,

00:13:00: ne, kann nicht sein, dass ihr das schon sehr, sehr kleine Kinder ...

00:13:04: diskriminieren.

00:13:06: Weil wir in dieser diskriminierenden Gesellschaft groß werden.

00:13:09: Ihr habt das Experiment mit den Puppen, fand ich, äh ...

00:13:13: krass Augen öffnend.

00:13:14: Ja.

00:13:15: Ja, und wenn wir anfangen, uns mit der Thematik zu beschäftigen,

00:13:21: dann sehen wir es ja auch.

00:13:22: Also, ich find auch ein ganz schönes Beispiel,

00:13:25: dass in meiner Kindheit Frauen mit Kopftuch

00:13:29: in unserer Schule geputzt haben.

00:13:32: Und das war so einfach.

00:13:33: Es hat sich niemand darüber beschwert.

00:13:36: Aber sobald die nächste Generation das Studium abgeschlossen hatte,

00:13:40: nun als Lehrerinnen in dem gleichen Gebäude arbeiten wollte,

00:13:44: es einen riesigen Aufschrei auf einmal gab

00:13:47: und Menschen sich ganz stark darüber aufgeregt haben,

00:13:51: wer wohnt in unserer Gesellschaft, in welchen Stadtteilen?

00:13:56: Wenn die Kinder mit ihren Eltern mal auf die Arbeit gehen,

00:13:59: dann sehen sie ja auch, wer arbeitet da im Büro und wer putzt das Büro?

00:14:03: Das sind alles Informationen, die die Kinder ja aufsaugen.

00:14:07: Am Thema Gender merken die Leute ganz oft, dass Kinder so ganz schnell sagen,

00:14:13: "Ne Mama hat Zeit, Papa muss ja arbeiten."

00:14:15: Obwohl die Mama vielleicht auch ein Vollzeitjob hat,

00:14:19: aber weil sie so viel Kehrarbeit in den Beinen noch übernimmt,

00:14:22: ist für die Kinder sehr schnell klar, die Papa ist die arbeiten

00:14:26: und ja, die Mamas weiß sie nicht, die hängen halt zu Hause mit mir ab

00:14:30: oder sowas und das sagt ja auch niemand, dem Kind explizit Frauen,

00:14:35: arbeiten nicht so viel wie Männer, sondern es sind Beobachtungen,

00:14:38: die sie in der Gesellschaft machen und dann ihre Rückschlüsse daraus ziehen.

00:14:42: Ich hatte tatsächlich ein Ereignis auch als Mama,

00:14:46: dass mich ganz schön, also die Hälfte unserer Familie,

00:14:49: hat ja auch nicht die typisch deutsche Hautfarbe,

00:14:52: also ich habe gedacht, dass ich viel sensibler bin

00:14:55: und unsere Kinder da auch sensibler aufwachsen

00:14:58: und dann waren wir in einem Whirlpool

00:15:01: und mein Dreijähriger sagt, Mama, ich will nicht neben dem Schwarzen sitzen,

00:15:06: irgendwie sowas und das war, also ich bin total rot geworden,

00:15:12: ich wusste auch nicht, wie ich reagieren soll

00:15:15: und gleichzeitig habe ich mich auch gefragt,

00:15:18: eben ich habe sozusagen nichts bewusst

00:15:22: und ich hätte mich damals als sensibel irgendwie so,

00:15:26: und auch die Erfahrung, aber wie tief das einfach manchmal geht

00:15:31: und wie wichtig es ist, auch aktiv Fragen zu stellen dagegen, glaube ich so.

00:15:38: Ja und wir müssen die Themen Diskriminierung aktiv ansprechen.

00:15:44: Also spätestens zu so einem Zeitpunkt, wenn etwas vorfällt,

00:15:50: schöner natürlich schon früher.

00:15:53: Genau, ganz viele Eltern, also bis nicht die Einzigen,

00:16:00: ganz viele fallen aus allen Wolken, wenn wir mit Eltern darüber sprechen,

00:16:06: dass die Kinder dann Veräußerungen aufhören.

00:16:09: Was können wir denn machen, gerade wenn wir jetzt auf die Grundschulkinder gucken,

00:16:15: wie kann es aussehen, dass wir das einsprechen?

00:16:17: Also neben unserer Autoren-Tätigkeit ist ja unser Hauptjob

00:16:22: quasi das Unternehmen, das wir haben, Tebalu.

00:16:25: Und wir haben uns die gleiche Frage gestellt und haben als einen Ansatzpunkt,

00:16:30: den wir auch ganz schön finden, weil der erstmal nicht so sich so anstrengend

00:16:34: und mit Arbeit anfühlt, ist, dass wir uns die Kinderzimmer angeguckt haben

00:16:38: und gesagt haben, na ja, wir kamen in unseren Kinderbüchern nicht vor,

00:16:43: also so wie wir aussehen oder das Essen, das wir zu Hause essen,

00:16:48: wie unsere Onkels und Tanten aussehen,

00:16:50: die kamen überhaupt nicht in den Kinderbüchern vor

00:16:53: und auch in der Darstellung in Spielen.

00:16:56: Wenn wir vorkamen, dann eigentlich eher negativ konnotiert.

00:17:00: Und als wir Mütter geworden sind, 30 Jahre später haben wir festgestellt,

00:17:04: dass ich so viel nicht getan hatte auf dem Bücher- und Spielzeugmarkt.

00:17:09: Also inzwischen machen wir es seit fünf Jahren, es hat sich was geändert,

00:17:12: gerade in den Bilderbuchbereichs, die Illustrationen wesentlich diverser geworden.

00:17:18: Und das wäre auch mein erster Vorschlag, also als ganz konkrete Möglichkeit,

00:17:24: die Kinderbücher zu Hause einmal durchzuschauen und zu schauen,

00:17:27: wer kommt eigentlich darin vor.

00:17:29: Also sind das immer die gleichen Personen oder gibt es da auch mal ein schwarzes Kind,

00:17:34: ein Kind mit Behinderung, die die Hauptrolle spielen dürfen.

00:17:40: Und im besten Fall auch die Behinderung oder andere Maginassierungsmerkmale

00:17:46: gar nicht Thema sind, sondern das Kind fliegt zum Mond oder geht aufs Töpfchen

00:17:54: oder fährt das erste Mal im Laufrad durch die Gegend.

00:17:58: Also dass da Vielfalt besteht.

00:18:02: Und dann können sich, also dass die Seegewohnheiten der Kinder

00:18:07: auch das widerspiegeln, was sie in der Gesellschaft sehen und sehen,

00:18:11: dass Menschen, schwarze Menschen oder Menschen auf Kala auch so kraftvolle Rollen haben können,

00:18:18: Abenteuer erleben können und dann ergeben sich Gespräche ganz oft auch.

00:18:25: Ja, wir hatten ja total gestern zum Beispiel so ein Beispiel,

00:18:30: ein Kind hat sehr begeistert aus der Schule erzählt, dass sie eben die

00:18:36: Eroberungsgeschichten teilweise, wer da jetzt Indien entdeckt hat, wer Amerika entdeckt hat

00:18:41: und es halt als absoluter Helden, Taten begeistert.

00:18:46: Und meine Frage oder mein Aspekt war halt einfach, dass es ja auch zwei Seiten dieser Medaillen gibt.

00:18:51: So und dass wir auch in diese Perspektive reingegangen sind.

00:18:57: Weil auch da ist ja wieder Zeichen, wie einseitig sozusagen viele Dinge gesehen werden.

00:19:05: Ja, absolut. Ich meine, wir sagen ja nicht ohne Grund, die Geschichte wird von den Siegern geschrieben.

00:19:12: Und das ist so normalisiert eingefliessen, dass dieser Genozid, der eigentlich auf

00:19:18: diesem Kontinent stattgefunden hat, komplett außen vorgelassen wird und da eine ganze

00:19:26: Menschengruppe überhaupt nicht beachtet wird. Absolut.

00:19:30: Aber das macht, das wird natürlich schwierig, diese Herausforderung, das sehe ich ja auch mit meinen eigenen

00:19:35: Schulkindern, dass es immer dann dieser Konflikt ist zwischen Schulwissen, dass sie auch abgefragt werden.

00:19:44: Und wie viel Böde lasse ich meinen Kindern auf, mit dieser neuen Sichtweise auch in den Unterricht reinzugehen.

00:19:53: Oder mache ich zu Hause nochmal so ein Parallel-Kluckium, wo ich ihnen meine Sichtweise der Dinge beibringe.

00:20:02: Das ist so ein Tragseilakt ein bisschen.

00:20:05: Absolut. Also das beobachte ich auch gerade auch mit vielen Bereichen, dass das auf der einen Seite

00:20:11: heranwachsende Menschen sind, die Hoffnung für die Welt brauchen.

00:20:15: Und wenn man dann aber auf so viel Ungerechtigkeiten hinweist.

00:20:19: Also ich habe einen Kind, wo ich da wirklich vorsichtig sein darf, weil es irgendwie auch so ein bisschen geführt.

00:20:25: Die Welt ist so ungerecht, die Welt ist so scheiße und so.

00:20:28: Und ich als Mutter möchte gerne irgendwie so ein Ballonsakt, ich möchte aufmerksam machen, dass es Ungerechtigkeiten gibt und dass wir gerne dafür

00:20:38: einstehen dürfen, laut werden dürfen.

00:20:40: Und doch finde ich, glaube ich, gerade damit Veränderung möglich ist, ist es wichtig, dass wir auch die Selbstwirksamkeit und das Schöne

00:20:49: und das Gute auch irgendwie sehen.

00:20:50: Weil ich glaube, aus nur einer... alles ist Scheißehaltung, ist eine Veränderung nicht so möglich.

00:20:58: Total. Aber auch da gibt es ja die Möglichkeit, ich kann natürlich von einem Genuzid erzählen, bei älteren Kindern.

00:21:05: Ich kann mir aber auch hellen Geschichten, unerzählte hellen Geschichten raussuchen und einfach von einer Gruppe Menschen erzählen,

00:21:16: aus ihrem Widerstand heraus, weil Menschen waren immer widerständig.

00:21:21: Aber diese Geschichten werden selten erzählt, also quasi auch, das finde ich auch ganz schön, wenn wir gar nicht auf eine Gruppe Menschen gucken mit einem Defizit und zu sagen,

00:21:32: ach die Armen, die müssen das ertragen und jenes ertragen.

00:21:36: Da gibt es überall Geschichten, auch oft schon als Kinderbücher verfasst, die zeigen, dass diese Menschen ganz viel Kraft haben und sich auch gewährt haben.

00:21:46: Ja genau, ich habe ja mit Kindern über Diskriminierung sprechen, das Buch geschrieben.

00:21:50: Welche Diskriminierungsformen gibt es denn relativ häufig?

00:21:54: Über was sprechen wir? Wir haben jetzt sozusagen über die Hautfarbe gesprochen, wir haben über Behinderung gesprochen, aber es gibt ja noch mehr.

00:22:03: Ja, also ein ganz großes Thema bei Kindern, genauso überwachsen als Körper.

00:22:10: Wir haben Melodie Michelberger über Body Shaming gesprochen, was ja auch sehr oft eine Grundlage für Mobbing ist,

00:22:20: dass dicke Kinder geärgert werden, ganz stark in ihrem Selbstwert, zweifeln.

00:22:27: Dann, was in Deutschland auch immer noch so nicht viel gesehen wird, eine Form des Rassismus ging,

00:22:34: sind die Sion Romnia, die ganz, ganz stark unter Diskriminierung leiden, gerade auch im Schulbereich.

00:22:44: Das geht so schlimm, dass es gab gerade einen Fall, wo eine Projektmitarbeiterin ein Hotelzimmer buchen wollte,

00:22:52: für einen Gast, der in die Stadt kommen sollte und diese Buchung nicht gemacht wurde aufgrund ihres Nachnamens,

00:23:00: weil vermeintlich alle Mitglieder dieser Sion Romnia-Familie nicht zuverlässig wären oder sowas.

00:23:13: Dann das Thema Gender Diversity.

00:23:18: Also Kindern wird meistens abgesprochen, wenn sie sagen, dass sie kein Junge oder kein Mädchen sind.

00:23:29: Und quasi von dem Geschlecht, dass ihnen zugewiesen wird, abweichen, dass das nicht akzeptiert wird.

00:23:37: Genau, und dann haben wir noch verschiedene Formen von Rassismus.

00:23:42: Und natürlich Antisemitismus ist auch in Deutschland ein Räsentier.

00:23:46: Ja, das habe ich genau auch gesehen.

00:23:48: Da habe ich tatsächlich jetzt in der Vorbereitung noch nicht ganz so reingeguckt,

00:23:51: aber als Mama will ich da tief nochmal reingucken,

00:23:56: weil es ist einfach aktueller wie nie, dass wir da feinfühlig gucken,

00:24:02: wie begleiten wir unsere Kinder, wie beantworten wir auch ganz viele Fragen.

00:24:06: Also für mich sind meine Kinder das jüngste Kind des Sechs, das älteste 13, die kriegen viel mit.

00:24:14: Wir haben die Kultur, dass wir hier drüber sprechen und sie sind schon gewohnt,

00:24:18: "Mama, du mit deinen Fragen immer."

00:24:24: Aber man lernt da ganz spannend.

00:24:26: Also ich habe zum Beispiel auch Kinder, die sehr an Sport interessiert sind.

00:24:30: Und dann sind wir auch über dieses Narrativ gesprochen gestolpert,

00:24:34: dass die Weltrekorde ja ganz oft die People of Colomben im Rennen machen.

00:24:41: Und dass das eine Diskriminierung auch ist, dass die ja, ja, das machen sie,

00:24:44: weil sie das so, dass die Leistung ihnen abgesprochen wird, dass das irgendwie in den Gehen liegt,

00:24:50: sondern dass die genau so trainieren müssen.

00:24:54: Also bei uns fällt es viel im Alltag einfach auf, die Themen, die die Kinder haben.

00:25:01: Und da fragen wir sozusagen, aber ja, genau, aber was du total auch sagst,

00:25:08: das finde ich halt sicher auch, also ich lerne das total über Social Media,

00:25:11: einfach unterschiedliche Bilder, die unsere Norm sind.

00:25:14: Weil auch ich merke, dass also als mein Kind da, da im Whirlpool so reagiert hat,

00:25:20: da habe ich auch sehr auf mich geguckt und geguckt, was mache ich außerhalb von Worten.

00:25:25: Also ich bin mir relativ sicher, dass ich wenig diskriminierende Sätze in meinem Alltag,

00:25:31: na, weiß ich nicht, aber also ich glaube, ich habe nicht so die Hauptschlagworter genutzt.

00:25:38: Aber wie ist unser Alltag gestaltet? Welche Bilder leben wir?

00:25:45: Welche Kontakte haben wir? Mit wem unterhalte ich mich öfters?

00:25:50: Wie unterhalte ich mich mit denen? Dass da eben schon ganz, ganz viel mit rein spielt.

00:25:55: Und du hattest jetzt auch nochmal dieses Beispiel eben mit Körper.

00:26:00: Wie reagiere ich denn, wenn jetzt sozusagen mein Zweitrittklässler nach Hause kommt und sagt,

00:26:06: der Ben ist doof, der ist so dick? Oder der dicke Ben ist doof, der im Sport wählen wir den auch immer nicht,

00:26:13: weil die Meinschaften mit dem dicken Ben, die verliert sowieso immer.

00:26:17: Die Antwort auf diese wichtige Frage gibt es in der nächsten Folge, weil das Gespräch einfach so reich

00:26:23: und wertvoll geworden ist, dass wir eine Doppelfolge draus machen.

00:26:27: Wenn du wissen willst, wie es weitergeht, einfach nächsten Mittwoch gibt es eine extra Folge dazu weiter.

00:26:33: Wie spreche ich mit meinen Kindern über Diskriminierung?

00:26:38: Ich bin gerade schon dabei, was toll ist, vorzubereiten.

00:26:41: Wenn du mich schon ein bisschen kennst, kennst du die Stolpersteinwoche?

00:26:44: Ich kann dir schon mal vorraten, im April gibt es eine neue Stolpersteinwoche und ich freue mich, wenn du dabei bist.

00:26:51: Ich freue mich auch, wenn du den Podcast bewertest und teilst, dass ihr einfach raus in die Welt darf.

00:26:57: Und an dieser Stelle wünsche ich dir einen wundervollen Tag und freue mich, wenn du nächste Woche einschaltest,

00:27:04: in den zweiten Teil mit Kindern über Diskriminierung sprechen.

00:27:08: * Musik *

00:27:10: